Meine Erfahrungen mit den Säurefarben von Eurolana waren ja etwas gemischt, und ich bin noch immer nicht 100% von der Umweltverträglichkeit überzeugt. Zwar sind mit Säurefarben gefärbte Textilien z.T. GOTS-zertifiziert, und sie mögen schonender sein als andere synthetische Farben, aber über die Herstellung ist kaum etwas herauszufinden, dazu gibt es keine Deklarationspflicht, so dass die wenigsten Hersteller Angaben zu den tatsächlich verwendeten chemischen Substanzen machen.
Eine Alternative könnten evtl. Lebensmittelfarben sein, von denen recht viele ebenfalls zu den Säurefarbstoffen gehören. Gesundheitliche Risiken und Umweltverträglichkeit sollten hoffentlich gründlich getestet worden sein. Einige der Azofarbstoffe wie z.B. Tartrazin stehen im Verdacht, Hyperaktivität auszulösen, aber beim Tragen von gefärbter Kleidung dürften jegliche eventuelle Risiken deutlich geringer sein als beim Verzehr. Kontaktallergien könnten evtl. ein Risiko sein, aber das trifft auf andere natürliche und synthetische Farbstoffe ebenso zu, und selbst auf das in der Wolle enthaltene Lanolin sind allergische Reaktionen möglich. Die langfristige Licht- und Waschechtigkeit von Lebensmittelfarben auf Textilien wird wohl eher nicht systematisch untersucht worden sein, da sie eben nicht dafür hergestellt sind, aber da sie der gleichen Stoffgruppe entstammen, hoffe ich auf gute Haltbarkeit. Einge benutzen Cool Aid zum Färben, ein in den USA hergestelltes Getränkepulver mit viel Farbstoff, aber eben auch viel künstlichen Aroma. Hierzulande ist es nicht ganz einfach erhältlich und vermutlich auch deutlich teurer als dort. Außerdem möchte ich nicht, dass meine Wolle nach synthetischen Fruchtaromen riecht. Trotzdem scheint ein Blick auf die Farbstoffe interessant. Gefunden habe ich folgende: E102 Tartrazin E110 Gelborange S E129 Allurarot AC E132 Indigokarmin (falls es kein Tippfehler in der Zutatenliste war) E133 Brilliantblau FCF Dann gibt es auf dem deutschen Markt noch Brauns Heitmann Crazy Colors. Dort sind keine Azofarbstoffe drin, aber wiederum E133 Brilliantblau FCF, außerdem E131 Patentblau, beides Säurefarben. Für rote und gelbe Farben setzen sie auf E120 Echtes Karmin sowie E101 Riboflavin. Dies sind keine Säurefarben, sondern E120 ist der Farbstoff der Cochenille-Laus, der auf tierischen Fasern von der Haltbarkeit her eher im mittleren Bereich ist, zum Auswaschen neigt und nicht vegan ist. Mit Riboflavin scheint ansonsten selten gefärbt zu werden, ich habe keine Informationen dazu gefunden. Schließlich habe ich mich noch bei Pulver- und Gelfarben für den Konditoreibedarf umgeschaut und mich dann für die folgenden vier entschieden:
Theoretisch sollte ich damit fast die vollständige Farbpalette abdecken können. Nur das Mischen wird mit den Lebensmittelfarben eher experimentell ablaufen müssen, weil die Farben teils Pulver, teils Gelfarbe sind, von unterschiedlichen Herstellern stammen und es bei den Gelfarben keine Angabe zur Farbstoffkonzentration gibt. Die erste Färbung ist inzwischen mehrfach gewaschen und wirkt sehr stabil.
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Das ist nun der letzte Teil meiner Miniserie über die Muster, die sich in stranggefärbter Wolle ergeben können. Blockstreifen bilden sich, wenn die Rundenlänge in Relation zum Farbrapport sehr, sehr kurz ist. Mit der zweifarbigen 50:50 Färbung aus dem letzten Beispiel muss die Maschenzahl auf 1/4 des Rapports reduziert werden, damit ein Farbabschnitt für zwei Runden ausreicht. Genau darin liegt das Problem: Wenn ich z.B. bei Socken 60-70 cm pro Runde verbrauche, müsste ich Stränge von mindestens 240-280 cm Rundenlänge wickeln. Evtl. gerade noch so machbar, aber für einen Pullover o.ä. in Handfärbungen kaum mehr realisierbar.
Mit noch weniger Maschen verbreitern sich dann die gleichfarbigen Streifen. Mit Spiralen bzw. Ringeln hatte ich mich bei den Campari-Socken schon einmal beschäftigt und dort den Bereich von ziemlich steil (2 Maschen Versatz) bis relativ flach (8 Maschen Versatz) modelliert. Was aber passiert mit den Ringeln, wenn die Runden noch enger und dadurch der Versatz immer größer wird? Zum einen hängt es von der Färbung ab, aber evtl. auch von der indivuellen Wahrnehmung. Mit einem hypothetischen Garn, das nur zwei Farben im Verhältnis von annähernd 50:50 hat, kann man die Rundenlänge bis auf ca. 3/4 der Länge des Farbrapports reduzieren und erhält noch immer Ringel von 2 Reihen pro Farbe (1). Darüber, mit noch weiterer Abnahme von je 2 Maschen alle 10 Runden, kommt ein Bereich, der vielleicht noch als geringelt durchgehen könnte, jedoch sind die Streifen an zunehmend längeren Stellen nur noch eine Reihe hoch (2). Mit noch etwas weiter reduzierter Maschenzahl ordnen sich in einem Bereich die Farben übereinander, in Längsrichtung, an. Sie sind dabei zwar jeweils durch die andere Farbe durchbrochen, trotzdem dominiert jeweils eine Farbe optisch den Streifen (3). Was darüber folgt, würde ich eher als gescheckt oder unregelmäßig meliert wahrnehmen (4). Um die Hälfte der Maschenzahl des Farbrapports herum wird es wieder regelmäßiger. Das könnte auch als geringelt bezeichnet werden, aber mir gefallen solche Streifen mit jeweils nur einer Reihe Höhe pro Runde nicht (5). Nachtrag: Verbraucht eine Runde mehr Maschen als der Rapport lang ist, entwickeln sich die Muster analog: zuerst steile, breite Spiralen, dann zunehmend flachere Ringel usw., nur ist das ganze spiegelverkehrt, also alle Strukturen in die entgegengesetzte Richtung geneigt. In vorherigen Beiträgen hatte ich das als Argyle bezeichnet, und in der Tat erinnern die Rauten sehr daran, aber traditionell wird Argyle anscheinend mit mehreren einfarbigen Fäden gestrickt. Rautenmuster entstehen aus mehrfarbiger Wolle, wenn in Reihen gestrickt und dabei der Farbrapport um ca. eine Masche pro Reihe versetzt wird. Das kann eine Masche mehr oder eine weniger als der Rapport sein, dem Muster ist kaum ein Unterschied zwischen beidem anzusehen. Die Muster faszinieren mich, aber - anders als beim Color Stacking - sieht es hier nach meinem Empfinden um so besser aus, je präziser und gleichmäßiger gestrickt (und gefärbt) es ist. Ideal wäre vermutlich eine Strickmaschine, die ich nicht besitze. Welche Wolle ist geeignet? Im Prinzip jede mit regelmäßiger Wiederholung der Farbabfolge. Zwei Farben reichen für die Musterbildung aus, sehen aber langweiliger aus als Muster mit mehr Farben. Die Farbabfolge muss weder symmetrisch sein noch gibt es sonst besondere Anforderung. Nur allzu lang (oder allzu viele) sollten die Farbabschnitte je nach Verwendungszweck nicht sein, sonst wird das Muster sehr groß. Bei einer Socke z.B. sollte es in einer Runde mindestens 2x der Rapport +/- eine Masche sein, da ja nie mehr als die Hälfte der Maschen gleichzeitig sichtbar sind. Das sind die beiden hypothetischen Regenbogenfärbungen aus dem Beitrag zum Color Stacking (Wildern), unten jeweils mit einer Masche mehr als der Rapport lang ist, oben mit einer weniger. Beides kann ziemlich unauffällig aneinander anschließen, wenn die Maschenzahl an der richtigen Stelle verändert wird. Hier gibt es nun doch einen kleinen Unterschied zwischen der asymmetrischen Färbung links und der symmetrischen rechts, der mir aber gar nicht sofort aufgefallen ist: Links kehrt sich an der Stelle, wo 2 Maschen abgenommen wurden, das Muster um. Direkt unter den Karos, in deren Mitte Pink auf Pink trifft, geht es in der unteren Hälfte ins Gelbe über. Im oberen Teil dagegen erscheint das Gelb oberhalb der rein pinkfarbenen Bereiche. Apropos Socken: Geht das auch in Runden? Zumindest nicht auf einfachem Weg. Ganz vielleicht würde es funktionieren, mit zwei Knäueln zu stricken und in der einen Reihe jeweils minimal lockerer, so dass der Fadenverbrauch dem von einer Masche mehr entspricht, und in der nächsten mit dem zweiten Knäuel minimal fester, um eine Masche "einzusparen". Und dabei noch alles so gleichmäßig wie irgend möglich hinbekommen - nein, ich möchte das gar nicht wirklich versuchen. Alternativen: Entweder flach stricken und zusammennähen, oder in der Runde mit zwei Knäueln, und am Ende der Runde wenden, Fäden verkreuzen und mit dem jeweils anderen Knäuel die Rückrunde von der linken Seite stricken. Beides klingt für mich auch nicht so richtig spaßig. Wozu eignet sich das Muster? Leider sind die Einsatzmöglichkeiten sehr beschränkt. Socken würden nur mit einigen Unannehmlichkeiten funktionieren (s.o.), ansonsten geht alles gut, was rechteckig ist, also v.a. Schals und vielleicht noch Decken oder ähnliches.
Das Color Pooling funktioniert beim Häkeln genauso wie beim Stricken. Vielleicht mache ich mir irgendwann mal Topflappen im Argyle-Stil. Tja, hätte ich gewusst, dass es so etwas in der Art schon gibt, hätte ich wohl lieber zum Strickzeug gegriffen, statt mich an den Rechner zu setzen, ein Skript dafür zu schreiben, es zu testen, erweitern, verbessern, debuggen usw. Bereut habe ich es nicht, es ist ähnlich wie Stricken ein Prozess zwischen Kreativität und Logik und macht mir ähnlich viel Spaß, sofern es am Ende von Erfolg gekrönt ist.
Perfekt ist es ganz sicher nicht, erst recht nicht unter der Motorhaube, aber es gibt ein paar Features, die mir hervorhebenswert erscheinen:
Einen Nachteil gibt es allerdings auch: Der Hoster, bei dem das Tool aktuell liegt, unterstützt in seinem Gratis-Tarif keine SSL-Verschlüsselung. Hier sowie bei Wordpress hätte ich die gehabt, dafür aber nicht die Möglichkeit, Skripte einzufügen. Sollte jemand Interesse bekunden, stelle ich alternativ auch gern einen Download zur Verfügung, alles wäre nämlich auch lokal auf dem eigenen Rechner lauffähig. Das Tool ist unter cifi77.bplaced.net/craterelle/ zu finden. Als Beispiel das hypothetischen Garn für das Rautenmuster im Beitragsbild oben. Einfach den Button "Create-it" klicken, dann mit "Knit it" das Muster stricken lassen: cifi77.bplaced.net/craterelle/?c1=%23ad93fe&l1=0&g1=20&c2=%23ff4d44&l2=0&g2=0&c3=%23000000&l3=2&g3=0&c4=%23ff4d44&l4=0&g4=20&c5=%23000000&l5=0&g5=5&w=95&m=rows&r=60 Nachdem ich erst kürzlich den Ausdruck "wildern" im Zusammenhang mit Wolle kennengelernt habe und den Effekt sehr beeindruckend fand, wollte ich es gern selbst ausprobieren. Klar ist: Das passiert nicht einfach so (bzw. wenn dann zufällig), sondern der Farbrapport in der Wolle muss zur Rundenlänge des Gestricks passen. Oder anders gesagt: Wenn eine in bestimmter Stranglänge mehrfarbig gefärbte Wolle in deiner Sockengröße "wildert", wird sie das ziemlich sicher nicht mehr tun, wenn du ein paar Nummern größere oder kleinere Socken strickst. Also habe ich versucht, eine "wildernde" Wolle nach Maß anzufertigen. Es ist dabei fast alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte, und trotzdem liebe ich das Resultat. 1. Die Wolle 100% Ilka, also Ostfriesisches Milchschaf. Dreifädig verzwirnt, damit sie bloß nicht zu dünn wird und hoffentlich ein bisschen länger hält (ich hasse Socken stopfen). Nicht zu dünn zu spinnen wird langsam zur Herausforderung, aber immerhin habe ich es auf um die 250 m / 100 g gebracht. Sie ist ziemlich gleichmäßig, und Zwirnwinkel und alles gefällt mir ausgesprochen gut. 2. Die Vorbereitung Ich habe viele Runden testgestrickt und ausgemessen, um meinen Garnverbrauch pro Runde möglichst genau zu bestimmen. Im Durchschnitt kam ich bei glatt rechts auf 64,5 cm pro Runde (im Rippenmuster erstaunlicherweise etwas weniger als glatt rechts). Also habe ich die Wolle mit einigen Hilfsmitteln zu einem Strang mit 129 cm Rundenlänge gewickelt. 3. Erste Färbung: Lebensmittelfarbe Ich habe eine Gelfarbe aus dem Konditoreibedarf benutzt, in diesem Fall mit E122 (Azorubin bzw. Karmesin) nebst etwas E 102 Tartrazin - allzu viel kann letzteres dem Farbton nach aber nicht gewesen sein. Die Lebensmittelfarben sind evtl. noch einen eigenen Beitrag wert, wenn ich dazu komme. Vom Strang hatte ich zwei gegenüberliegende Enden, höchstens 1/4 der Gesamtlänge, abgeteilt und den Rest doppelt in Gemüsebeutel eingebunden, um ihn von der Färbung auszunehmen. Die Färbung an sich hat gut funktioniert, ein sehr satter Farbton im zu färbenden Bereich, allerdings hat sich die Farbe recht weit in den abgebundenen Bereich vorgearbeitet, am Ende hatte ich einen zu mindestens einem Drittel gefärbten Strang und überhaupt nicht den klaren, harten Farbübergang, den ich im Sinn hatte. Im Wasser war noch überschüssiger Farbstoff (den durften meine grauen Socken restverwerten, die dankbar alles aufgesogen haben), was auf eine Überdosierung hindeutet. Beim Spülen blieb das Wasser aber komplett klar, womit ich den Farbstoff für erfolgreich fixiert hielt. 4. Überfärbung: Kiefernbraunporling An diesem Punkt bin ich vom ursprünglichen Plan abgewichen, den mittleren Teil des pinkfarbenen Bereichs noch mit blauer Lebensmittelfarbe zu überfärben. Grund war einerseits der unscharf verwaschene Farbübergang der ersten Färbung, nicht zuletzt aber auch der Gedanke, dass die Wolle dort bereits gesättigt mit Säurefarbstoff sein könnte. Also habe ich zu meinem Vorräten gegriffen, die Pilze ausgekocht und währenddessen den Strang - wiederum möglichst genau gegenüber - an 6 Stellen sehr eng abgebunden, darunter zwei in den bislang noch weitestgehend wollweißen Abschnitten. Ein Testfaden erzielte ein schönes Goldgelb, also los! Bei der Färbung kam dann die nächste Überraschung: die rote Lebensmittelfarbe löste sich bei sehr hohen Temperaturen teilweise wieder im Wasser und zog auf die jetzt zu färbende Wolle auf. Diese wurde im Endergebnis zwischen orange und lachsfarben. Immerhin, das Abbinden nach guter alter Batik-Methode hat tatsächlich die Farbaufnahme an den entsprechenden Stellen weitgehend verhindert und brachte mir zwar kurze, aber scharf abgegrenzte helle Farbtupfer in den Strang. Das vorläufige Endergebnis (Cliffhänger) Mich erinnert es an Campari-Orange, Sonnenaufgänge oder vielleicht auch Blutorangen (mit Kernen). Indes gab es bei der Verarbeitung noch weitere Überraschungen, über die ich in einem späteren Beitrag schreibe.
Jetzt wird's wieder bunt, wenn auch erstmal nur in Gedanken. Eine Möglichkeit wäre, zwei Farben in wechselnden Anteilen ineinanderzukardieren, stufenweise von 100% Farbe A zu 100% Farbe B. Chantimanou hat das in einem Video vorgeführt, und es funktioniert zweifellos sehr schön und lässt beliebig viele Abstufungen zu, aber es ist auch enorm viel Aufwand. Eine andere Technik: versetzte Farbwechsel in den Singlegarnen, die dann zusammengezwirnt werden. Der Nachteil liegt auf der Hand: bei dreifädigem Garn sind es nur zwei Zwischenstufen, einmal 2/3 Farbe A plus 1/3 Farbe B, dann 1/3 Farbe A plus 2/3 Farbe B. Deshalb ist dieser Ansatz m.E. nicht der richtige für sehr lange Farbverläufe, sondern ich würde ihn eher für wiederholte sanfte Farbübergänge zwischen Farbe A und Farbe B wählen (quasi Ringel mit weichen Farbwechseln). Und bei solchen "Zuckerstangen-Garnen" gefallen mir außerdem sehr harte Kontraste nicht, also nicht in Komplementärfarben oder schwarz-weiß.
Die dritte Möglichkeit, die mir einfällt: den Farbübergang in den Kammzug zu färben. Das hatte ich ja mit den Säurefarben schon einmal unabsichtlich gemacht, allerdings viel zu kleinräumig, und ich weiß auch noch nicht so genau, was hierfür die beste Technik wäre. Und natürlich bleibt als Alternative, erst nach dem Spinnen zu färben: z.B. durch Abteilen des Strangs alle x Runden und stufenweisem Färben. Aber puh! Das klingt ebenfalls aufwendig und energierintensiv, evtl. im Sommer als Solarfärbung. Oder als Färbung im Knäuel (eine Beschreibung z.B. hier). Das hieße allerdings Wickeln, Wickeln, Wickeln, und ich besitze weder Wollwickler noch Haspel. Lange habe ich hin- und herüberlegt, versucht mich über die Umweltverträglichkeit von Säurefarben zu informieren, und irgendwann schließlich die Grundfarben Cyan (bei Eurolana Türkis genannt), Gelb, Magenta und Schwarz bestellt, um zum ersten Mal unversponnene Kammzüge zu färben (das traue ich mich mit Naturfarben nicht). Außerdem musste noch eine Feinwaage her, um Mengen unter 1 g abwiegen zu können. Als nächstes habe ich ein bisschen mit einem Färbwähler herumgespielt, um ein paar gut harmonierende Wunschfarben zu finden und mir die CMYK-Werte dazu notiert, um einen Richtwert für die Mischungsverhältnisse zu haben. Vom Farbpulver habe ich je 1 g auf 10 ml destilliertes Wasser in kleine Tropfflaschen gefüllt. Das hat den Vorteil, dass ich anschließend nicht mehr mit Maske arbeiten musste und sich diese Stammlösungen einigermaßen planbar dosieren lassen (20 Tropfen entsprechen 1 ml und enthalten ca. 0,1 g Farbstoff - schütteln nicht vergessen!) Meine Vorstellung war, dass ich ein größeres Stück vom Kammzug Himmelblau und je zwei kleinere Eisblau und Blauviolett färbe. Die erste Färbung sollte also das Blau aus ca. 18:11 Cyan und Magenta werden. Den Kammzug habe ich in lockere Luftmaschen gelegt, das hatte ich irgendwo aufgeschnappt. Farbe in den Topf, einen guten Schuss Essigessenz dazu, die vorher eingeweichte Wolle hinein und langsam erhitzen. Aber was ist das?? Die Wolle schreiend pink, das Wasser leuchtend türkis. Wie kann das sein? Ich habe noch etwas mehr Essig dazugegeben, um zu wenig Säure als Fehlerquelle auszuschließen, aber das brachte auch keine Veränderung. Schließlich habe ich aufgegeben, die Wolle im Sud auskühlen lassen und gespült. Ich war ziemlich frustriert, rosa ist nicht unbedingt meine Lieblingsfarbe. Eine andere Erkenntnis aus diesem ersten Versuch: die Luftmaschen müssen wirklich extrem locker sein, sonst gelangt die Farbe nicht überall hin. Anschließend habe ich recherchiert, wo der Fehler gelegen haben könnte. Könnte es zu viel Essig gewesen sein? Das erscheint unwahrscheinlich. Als Angabe zum pH-Wert habe ich 2-5 gefunden, und unter 2 wäre ich nicht mal gekommen, wenn ich Essigessenz pur (ohne Wasser) verwendet hätte. Eine andere Möglichkeit wäre die Temperatur. Sprudelnd kochen hatte ich das Färbebad nämlich nicht lassen, sondern nur so lange erhitzt, bis der Topf deutlich (wesentlich) zu heiß zum Anfassen war, das könnten aber vielleicht auch nur 60° gewesen sein. Also habe ich mein Bratenthermometer vom Kochutensil zum Bestandteil der Färbeküche umgewidmet und einen weiteren Versuch mit dem gelben Farbstoff gestartet. Den türkisen habe ich einfach im Topf gelassen, weil ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich Hoffnung hatte, dass er sich jemals an die Fasern binden würde. Hinein kam ca. 1/4 des misslungenen pink-weißen Kammzugs (unten im Bild ganz links) sowie ein neues ungefärbtes Stück (unten im Bild 2. von links). Das Wasser blieb lange Zeit dunkelgrün, aber irgendwann bei um die 70° schlug es in Richtung türkis um. Ah, der gelbe Farbstoff funktioniert und zieht auf die Faser auf. Ich habe vielleicht bis 75° oder maximal 80° erhitzt und die Wolle dann auskühlen lassen. Zur Überraschung war nicht nur das Gelb komplett von der Wolle aufgenommen worden, sondern nun auch ein Teil des türkisblauen Farbstoffs. Es funktioniert also doch, aber die Farbstoffe benötigen unterschiedlich hohe Temperaturen. Als nächstes Experiment habe ich einen weiteren Teil der pink-weißen Wolle in die restliche Farbflotte hineingegeben und wirklich bis nahe an 100° erhitzt. Und siehe, nun wurde die Wolle blau (unten im Bild 2. von rechts) und das Wasser klar. So is' brav, so muss das! Der Vollständigkeit halber habe ich dann noch den schwarzen Farbstoff am Rest der pink-weißen Wolle ausprobiert (unten im Bild ganz rechts), weil ich die so wie sie war nicht hätte verspinnen mögen. Auch Schwarz färbt früher als Türkis, und Türkis ist die einzige der vier Grundfarben, die beim Spülen ausblutet. Ob das mit den Farben anderer Hersteller wohl anders ist, oder sind sie chemisch identisch? Am besten von alles bisherigen Färbungen, die so ganz anders ausgefallen sind als geplant, gefällt mir tatsächlich der "Unfall" der grünen Überfärbung von pink-gescheckter Wolle ganz links. Die würde ich am liebsten sofort verspinnen, aber da es recht wenig ist, muss ich gut überlegen, mit welcher anderen Wolle sie gut zur Geltung kommt. Evtl. als dreifädiges Garn zusammen mit naturbrauner Milchschafwolle, die allerdings noch nicht gewaschen und vorbereitet ist. Bedenkenswert ist noch der Energiebedarf, der zumindest bei diesem Vorgehen mit recht kleinen Mengen Wolle und mehreren Überfärbungen ganz erheblich ist und keinesfalls geringer als beim Färben mit Naturfarben. Mit Solarfärbungen würde ich nicht die erforderlichen Temperaturen erreichen. Eine Küchenhexe, die primär zu Heizen dient und auf der nebenbei noch gekocht werden kann, wäre im Winter eine gute Lösung, oder im Sommer vielleicht überschüssige Energie aus Photovoltaik. Noch ein nachträglicher Gedanke zum Energieverbrauch: Zumindest für mehrfarbige Färbungen ist es vielleicht doch schlauer, in der Mikrowelle oder im Ofen zu färben, wie es ganz viele tun. Ich hatte Bedenken wegen des schnellen Aufheizens und Abkühlens, aber möglicherweise ist das gar nicht so schlimm, weil es keinen Überschuss an Wasser gibt, in dem die Fasern frei schwimmen. Und gerade dadurch werden eben auch mehrfarbige Färbungen in einem Färbevorgang möglich, statt die Wolle im Topf in der ersten Farbe zu färben, abkühlen zu lassen, umzuwickeln, erneut in der zweiten Farbe langsam aufzuheizen etc. Kleiner Schönheitsfehler: ich besitze keine Mikrowelle, und bei meinem Gasofen ist die Temperatur nicht wirklich kontrollierbar. Meine Bemühungen, extrahiertes Pigment oder das in getrockneten Blättern enthaltene Indigo in die lösliche Form zu bekommen, waren bisher ausschließlich mit starken Reduktionsmitteln wie Natriumdithionit erfolgreich, aber nicht mit Zuckerküpen. Vor Jahren hatte ich schon einmal experimentiert, ob es mit einem Kaltauszug aus frischen Pflanzen vielleicht einfacher wäre. Da muss ja bereits eine der löslichen Formen vorliegen, sonst könnte die Kaltfärbung nicht funktionieren. Der Farbstoff muss also nicht reduziert werden, sondern das Milieu nur so stark reduzierend sein, dass eine vorzeitige Oxidation verhindert wird, und das könnte vielleicht mit Fructose als Reduktionsmittel gelingen, so meine Überlegung. Ich habe also die Blätter in starker Fructoselösung gemixt (keine ganz so brilliante Idee, mit dem Mixer wird sehr viel Luft eingeschlagen - beim nächsten Mal würde ich doch wieder auf Kneten mit gummibehandschuhten Händen zurückgreifen), die Flüssigkeit durch ein Seihtuch abgegossen und mit einem Wollfaden überprüft, dass damit eine Kaltfärbung möglich wäre. Dann habe ich Soda zugegeben, um die Lösung alkalisch zu machen, und sie erhitzt. Das leider viel zu stark und lange, dabei ist der Zucker karamellisiert und wohl auch das Pigment ausgefallen, zumindest war keinerlei Blaufärbung mehr erkennbar. Die Überraschung spielte sich indessen im Seihtuch ab, das hatte nämlich ein lustiges Batikmuster bekommen, als ich die Pflanzenreste nach ein oder zwei Tagen auf den Kompost gegeben und das Baumwolltuch gespült habe. Das finde ich ziemlich bemerkenswert, weil die normale Kaltfärbung doch gar nicht mit pflanzlichen Fasern funktioniert. Und das Blau ist sogar stabil und hat das anschließende Auskochen mit Soda problemlos überstanden. Leider ist das alte Tuch bedruckt und fleckig von anderen Dingen, aber dass es sich überhaupt blau gefärbt hat ist schon eine Art Überraschungserfolg.
Goldrute war eine meiner ersten Versuche, als ich angefangen habe, mich im alten Prinzessinnengarten (R.I.P.) mit dem Färbebeet zu beschäftigen. Die kanadische Goldrute ist ja quasi ubiquitär und gilt soweit ich weiß auch als invasiver Neophyt, Material war also innerhalb und außerhalb des Beets im Überfluss vorhanden. Es ist mir damals gelungen, ein wunderschön klares, kaltes Gelb zu erzielen, was mich an Textmarker erinnert. Allerdings habe ich das später nie wieder so hinbekommen. Wir hatten auf den von Katie handgemalten Schildern im Färbebeet geschrieben, die färbenden Bestandteile wäre in der ganzen (oberirdischen) Pflanze, weil wir das irgendwo so recherchiert hatten, und ich habe große Vorräte von Goldrutenblättern gesammelt und getrocknet. Tatsächlich falsch war die Angabe zwar nicht, nur ergeben die Blätter stattdessen ein trübes, bräunliches Gelb. Das konnte ich nochmal verifizieren, als ich die letzten Vorräte von damals aufgebraucht habe. Ich hatte vor, einen mit Samtfußkrempling z.T. graugrün gefärbten Strang damit zu überfärben, um alternativ zur Eisen-Nuancierung olivgrüne Farbtöne zu erreichen, aber mit dem erzielten Farbton wäre das hoffnungslos gewesen. einen Der Verdacht keimte auf, die leuchtende Farbe könnte in den Blütenrispen stecken, und siehe, so war es. Ungebeizte Wolle funktioniert übrigens auch (die von damals war ungebeizt), nimmt aber etwas schwächer an, und ob es genauso haltbar ist, weiß ich auch nicht. Bei der dickeren Wolle rechts/unten hatte ich ein Drittel des Stranges mit Samtfußkrempling gefärbt und ein weiteres mit Blauholz. Das Blauholz hat sich aber bei der Überfärbung des komplettes Strangs mit Goldrute über die gesamte Wolle verteilt. Blaue Finger macht es zum Glück nicht.
Auch bei der dünneren links/oben war noch ein letzter kleiner Rest Blauholz mit im Spiel. |
MeSonst blogge ich manchmal über Essen (mit und ohne Pilze). Aber jetzt kam wieder einmal die Wolle über mich. Archiv
Mai 2024
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