Von meiner ersten Färbung mit Eichenblättern und Eisenessig war ich total begeistert. So ein schönes neutrales Dunkelgrau ohne einen Braun-, oder Grünstich! Der Stoff mit dem Batikeffekt im Hintergund sowie die wie Stahlwolle wirkende Schafwolle sind die Gerbsäure-Eisenessig-Färbungen.)
Das Baumwolltuch, das nur ein Test gewesen war, hing dann lange Zeit draußen. Danach war das Grau weitestgehend verschwunden, dass Tuch sah rostfleckig und zerlöchert aus und zerbröselte unter den Händen. Es monatelang Sonneneinstrahlung und Witterung auszusetzen, das sind sicherlich Extrembedingungen, die den Ablauf der Prozesse beschleunigt haben dürften. Andererseits ist Baumwolle tendenziell robuster als Wollfasern. Was kann passiert sein? Beim Tintenfraß wird meist die sich aus der Eisengallustinte bildende Schwefelsäure als Ursache angeführt. Oft habe ich in Diskussion gelesen und gehört, dass die ja kein Problem sein kann, wenn die Wolle nicht mit Eisensulfat, sondern mit Eisenacetat behandelt wird, sich also keine Schwefel- sondern Essigsäure bilden würde. Allerdings ist Säure nicht das einzige, was bei der Zerfallsreaktion entsteht, sondern außerdem wird zweiwertiges Eisen frei. Auch dieses greift die Fasern an. Diese Information habe ich u.a. bei seilnacht.com gefunden, und es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zum Tintenfraß, die diesen Schluss ebenfalls nahelegen, allerdings auf Zellulose bezogen. Meine Vermutung war, dass es mit Luftsauerstoff und Wasser zu Rost weiterreagiert und dieser letztlich die Fasern zerreibt, aber vielleicht sind die tatsächlich ablaufenden Prozesse doch noch andere.
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Dieses Jahr springen mich die Färbepilze im Wald geradezu an. Auf einem fast komplett speisepilzfreien Streifzug im Buchenmischwald hatte ich in einer Douglasienschonung diverse Samtfußkremplinge mitgenommen. Zum Lufttrocknen war es zu feucht, und den Trockner wollte ich dafür nicht anwerfen, also direkt ab in den Färbetopf. Das Resultat ist ein Graugrün oder vielleicht Schilfgrün. Für die Handschuhe gefällt es mir sehr gut, und auch für Überfärbungen mit kalten Gelbtönen, um Olivgrün zu erhalten, ist es ebenfalls prädestiniert. Sowohl der Farbton an sich als auch der Farbumschlag von Violett zu Graugrün durch starkes Erhitzen haben eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den blauen bis rotvioletten Blütenfarbstoffen, z.B. von schwarzer Stockrose. Die ausgekochten Pilze rechts im Bild haben dieselbe Farbe angenommen. Da habe ich sofort noch weniger Neigung, den "Wurstsalat-Ersatz" aus Samtfußkremplingen, den manche daraus machen, jemals auszuprobieren. Naturfarben bergen doch immer wieder große Überraschungen. Blau wollte ich gar nicht erzielen, aber ein grünliches Grau hatte ich erwartet bzw. erhofft (wie ein alter Rotweinfleck in der guten weißen Tischdecke - die roten und blauen Farbstoffe von Blüten und Beeren sind ja alle Anthocyane, also chemisch eng verwandt).
Richtig schön blau wurden die Schneckenhäuser, die ich als Osterdeko für nächstes Jahr mit hineingegeben hatte. Eins davon ist im letzten Beitrag zum Ajourmuster zu sehen. Auf der alaungebeizten Alpakawolle (oben) dagegen ergab sich ein Beige-Grau, vielleicht mit winzigen Nuancen von Grün. Und die ungebeizte Schafwolle (unten) wurde so etwas wie rotblond, lustigerweise ziemlich genau wie meine Haarfarbe. Wahrscheinlich wäre es sinnvoll, das Vorgehen möglichst genau zu dokumentieren. Ich versuche es mal, auch wenn ich die Ligusterbeeren nicht abgewogen habe und auch die Kochzeit nicht mehr genau weiß. Gefäß: Aluminium Wasser: Berliner Leitungswasser, pH ca. 7,6-7,8 Erntezeitpunkt: April Frosteinwirkung: ja getrocknet: nein weitere Zusätze: ggf. etwas gelöster Kalk aus den Schneckenhäusern Fasern: Alpaka, gebeizt mit 15% Alaun; Blue Faced Leicester ungebeizt (ursprünglich bei Wordpress gepostet am 20.2.2023)
Unter den Färbepilzen ist der Kiefernbraunporling, oder besser: Nadelholzbraunporling mein absoluter Favorit. Er ist sehr ergiebig und färbt ein sonniges Ockergelb auf allen möglichen Fasern, und das ohne Vorbeize. Ich benutze ihn auch zum Färben von Weidenruten für die Korbflechterei und nehme deshalb alle mit, die ich finden kann. Selten ist er nicht, aber in meinen Hauswäldern scheint er zu fehlen. Zum Glück sammeln auch ab und zu ein paar Freunde für mich mit, so dass ich meistens genug Vorräte habe. (ursprünglich am 19.2.2023 bei Wordpress gepostet) 2012 (ist das lange her!) haben wir angefangen, im Prinzessinnengarten - damals noch am Moritzplatz - Färberknöterich anzupflanzen und damit zu färben. Vorgegangen sind wir dabei nach dieser Anleitung für Kaltfärbung (Direktfärbung) aus frischen Blättern: https://www.lustauffarben.de/Textile-Themen/Knoeterich/ Das ergibt auf tierischen Fasern sehr schöne Farben, und es hat durchaus einige Vorteile:
Einen aus meiner Sicht gravierenden Nachteil hat es allerdings auch: Die Farbe ist nicht besonders stabil, der Farbstoff scheint nur schlecht an den Fasern zu haften. Bei häufigem Tragen und Waschen oder auch beim Versuch zu überfärben bleibt vom blauen Pigment nur noch wenig übrig. (In der Tüte türkisfarbene Färberknöterich-Kaltfärbung, darüber dieselbe Färbung überfärbt mit Kiefernbraunporling)
Wie könnten die Alternativen aussehen? Natriumdithionit-Küpen funktionieren zuverlässig, ob mit Indigo-Pigment, getrockneten Blättern und ziemlich sicher auch mit frischen. Aber wenn ich aus ökologischen Gründen lieber mit Naturstoffen färbe, ist das keine attraktive Option für mich. Aus einem Sicherheitsdatenblatt: Biologische Effekte: Bildet mit Wasser toxische Zersetzungsprodukte. Weitere Angaben zur Ökologie Nicht in Gewässer, Abwasser oder Erdreich gelangen lassen. Zuckerküpen wie die hier beschriebene Fructose-Löschkalk-Küpe. Ich hatte vorher nicht einmal gewusst, dass Zucker überhaupt reduzierende Wirkung hat, und mit Sicherheit ist Fructose ein schwächeres Reduktionsmittel als Natriumdithionit, aber es scheint auszureichen, um Indigo in seine lösliche Leuko-Form zu überführen. Einmal ist es mir gelungen, den grünlichen Sud aus gequetschten frischen Blättern statt mit Essig anzusäuern mit Löschkalk basisch zu machen und mit Fructose zu versetzen. Diese Lösung war dann auch beim Erhitzen stabil und bildete die metallisch schimmernde "Blume" an der Oberfläche, die man für eine erfolgreiche Küpenfärbung braucht. In dieser Richtung muss ich unbedingt weiter experimentieren. (ursprünglich am 17.2.2023 bei Wordpress gepostet)
Das war nur ein erster Versuch, der übergroßen Neugier geschuldet, aber ich betrachte ihn als 100% zufriedenstellend. Gefärbt auf 50 g Alpaka-Garn, vorgebeizt mit 15% Alaun. Der Farbstoff ist in Wasser nahezu unlöslich (was der späteren Haltbarkeit hoffentlich zugute kommt), sodass er zunächst in Lösungsmitteln wie Alkohol in Lösung gebracht werden muss. Das dauert mit Brennspiritus im verschlossenen Glas auf der Heizung nicht allzu lange. Der erste Auszug von ungefähr einem Esslöffel geschnittener Alkannawurzel wurde schnell sehr dunkelrot, den habe ich abgeseiht und noch ein zweites Mal mit Spiritus aufgegossen, um den Farbstoff möglichst vollständig zu extrahieren. Diesmal färbte sich die Lösung immerhin noch johannisbeerrot. Die Farblösung habe ich dann im Färbetopf mit Wasser aufgefüllt, wobei sie sich etwas einzutrüben schien, und die feuchte Wolle hineingelegt. Die Farbe blieb weiterhin rot, der Umschlag ins Blauviolette kam erst beim Erhitzen (für gute Belüftung sorgen!) zustande. Ein weiteres erstaunliches Phänomen: die Fasern haben die Farbe förmlich aufgesogen, so dass die Flüssigkeit am Ende beinahe klar war. Das kenne ich von anderen Naturfarbstoffen nicht, nur aus Bildern und Beschreibungen von Säurefarben, die ich selbst nicht benutze. Ich bin sehr gespannt auf Versuche mit anderen Fasern (Schafwolle, pflanzliche Fasern) mit und ohne Beize. Der Baumwollfaden zum Abbinden des Strangs sieht zumindest vielversprechend aus. Nachtrag: Schafwolle nimmt eher trüb rotviolette bis weinrote Farben an, vermutlich durch das auch in gewaschener Wolle noch vorhandene Lanolin. Und die erhoffte Haltbarkeit war leider ein Wunschtraum. Beim Hantieren mit der Wolle gibt's rote Finger. Also leider doch eher Flop als top. |
MeSonst blogge ich manchmal über Essen (mit und ohne Pilze). Aber jetzt kam wieder einmal die Wolle über mich. Archiv
Mai 2024
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