Ich liebe meine Milchschaf-Wolle, zum einen natürlich, weil ich die Vorbesitzerinnen kannte, aber vielleicht sogar noch mehr wegen ihrer geringen Filzneigung (quasi wie superwash ganz von allein und ohne Kunststoffe). Was ich aber gar nicht liebe hatte ich im Artikel über Wolle vom Ostfriesischen Milchschaf schon erwähnt: Die Wolle zum Spinnen vorzubereiten. Wenn ich sie kardiere, ist das Vlies von unzähligen winzigen Knubbelchen und Knötchen durchsetzt, und mit so etwas zu spinnen macht mir überhaupt keinen Spaß. Ich bin also schon bald dazu übergegangen, die Wolle von Hand zu zupfen. Dazu halte ich eine Locke an der Basis fest und ziehe von der Spitze her die einzelnen Fasern heraus, bis mir der Rest zu kurzfaserig erscheint. Auf diese Weise produziere ich eine Unmenge Ausschuss (fast 50%, schätze ich) und brauche Ewigkeiten für jedes Gramm Wolle, aber immerhin genieße ich es, sie anschließend zu verspinnen. Was beim Zupfen herauskommt, dürfte von der Faserzusammensetzung einem Kammzug nahekommen, nur ohne Kamm gemacht. Jetzt habe ich ein wenig zu Wollkämmen (Kauf, Selbstbau) recherchiert, mir ein Video über ihre Verwendung angeguckt und... zum Kamm gegriffen. Kein Wollkamm, sondern ein ganz normaler mit ziemlich eng stehenden Zinken. Ich greife die Locken von der Spitze her ungefähr in der Mitte, kämme die sehr kurzen, oft auch etwas filzigen Härchen aus der Basis aus, dann noch einige mittellange aus der unteren Hälfte, und öffne zum Schluss die Spitzen. Eine Locke von Ilka und was daraus wird: Von links nach rechts die Kämmlinge aus Basis, unterer Hälfte und Spitze, unten ein Strang parallel gekämmter, etwa gleich langer Wollfasern.
Der Ausschuss ist nicht unbedingt geringer als bei meiner bisherigen Vorgehensweise, aber die gekämmten Faser lassen sich wunderbar verspinnen, und es geht deutlich schneller (das ist natürlich relativ, absolut gesehen ist es immer noch langwierig genug). Ich habe den Verdacht, dass es vielleicht sogar ausreichen könnte, nur die Basis auszukämmen, um die Wolle anschließend mit brauchbarem Resultat kardieren zu können. Maschinell verarbeitet wird die Wolle dieser Rasse anscheinend so gut wie gar nicht, was wirklich schade ist. Ich würde durchaus spinnfertig vorbereitete Fasern davon kaufen, um mir einiges an Arbeit zu ersparen. Hinzu kommt, dass meine letzte Quelle für Rohwolle versiegt ist. Auf einem Schafhof haben sie schon vor Jahren von den Ostfriesinnen auf Krainer Steinschafe umgestellt, die anderen haben jetzt zum Jahreswechsel ihren Hof leider aufgegeben. Ich werde meine restliche Rohwolle also gut hüten, insbesondere auch die dunkle, und vielleicht ein Auge auf die englischen "Down-Breed"-Rassen werfen, deren Wolle ähnlich wenig Filzanfälligkeit nachgesagt wird.
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(ursprünglich bei Wordpress gepostet am 27.2.2023)
Rohwolle sollte am besten im Jahr der Schur gewaschen werden. Ich habe Wolle auch schon mehrere Jahre aufgehoben, die Qualität ist noch immer schön, aber die Spitzen vergilben sehr stark. Das ist soweit ich weiß verharztes Lanolin, welches sich dann nicht mehr herauswaschen lässt. So mache ich es: Bei warmem, trockenen Wetter mit guten Wettervorhersagen für die nächsten Tage maximal 1/2 Vlies in einer Mörtelwanne einweichen, wenn vorhanden in Regenwasser, sonst in Leitungswasser mit einem kleinen Schuss Essig (etwas mehr als 50 ml sollten ausreichen, um das Berliner Wasser in den neutralen bis schwach sauren Bereich zu bringen). Lange stehen lassen, dann die Wolle herausheben, gut abtropfen lassen. Dieses erste Waschwasser ist ein guter, gehaltvoller Dünger für den Garten. Dieses Prozedere noch mindestens zweimal wiederholen, bis sich kaum mehr Dreck löst. Nun haben wir bei Schafwolle immer noch das komplette Lanolin drin, brauchen also Waschmittel und/oder Hitze. Kernseife und Soda leisten für Baumwolle, Leinen und andere pflanzliche Fasern sehr gute Dienste, Wolle und Seide würde ich damit jedoch nicht traktieren. Ein im sauren Milieu aktives Waschmittel erscheint mir die bessere Wahl. Eine Zeitlang habe ich flüssige Arztseife verwendet. Viele der Produkte sind aber rückfettend, was hier natürlich kontraproduktiv ist. Vollständig biologisches abbaubares, parfümfreies Wollwaschmittel habe ich genau eins gefunden, und das ist relativ teuer. Eine weniger umweltschonende, dafür aber günstigere Alternative könnte evtl. hautneutrales, parfümfreies Spülmittel sein, wie es speziell für die Reinigung von Baby-Schnullern und -Fläschchen angeboten wird. Der andere Faktor, der beim Entfetten hilft, ist Hitze. Nach meinem Eindruck ist Wolle kaum empfindlich gegen Hitze, sofern sie
Zumindest bei Wolle vom Milch- und Pommernschaf funktioniert das absolut problemlos. Mit Merino-Wolle wäre ich vielleicht ein wenig vorsichtiger, aber die verarbeite ich gar nicht. Die Wolle wird also im großen Topf mit kaltem Regenwasser oder leicht gesäuertem Leitungswasser (s.o.) und Waschmittel aufgesetzt, mit einem sauberen Stein beschwert, zugedeckt auf kleinster Flamme bis knapp unter den Siedepunkt erhitzt und darf dann im Waschwasser auskühlen. Anschließend zweimal kalt ausspülen, zwischendurch gut abtropfen lassen. Nun muss die Wolle noch getrocknet werden. Wichtig ist dabei, dass sie möglichst zügig und vollständig durchtrocknet. Nach dem letzten Spülen also wieder gut abtropfen lassen und sanft etwas ausdrücken, danach benutze ich ausgediente Frottee-Handtücher und Druck, um möglichst viel Feuchtigkeit zu entziehen, und breite die Wolle anschließend zum Lufttrocknen flächig aus, zupfe sie von Hand ein bisschen auf und decke sie mit einem Tuch oder Netz ab, damit nichts davongeweht wird. |
MeSonst blogge ich manchmal über Essen (mit und ohne Pilze). Aber jetzt kam wieder einmal die Wolle über mich. Archiv
Mai 2024
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